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Pflegegeld in Österreich: Ein Überblick

  • Autorenbild: Philipp Mitterlechner
    Philipp Mitterlechner
  • 22. Aug. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Im Jahr 1993 wurde der frühere "Hilflosenzuschuss" durch das Pflegegeld abgelöst. Seit diesem Zeitpunkt wird Pflegegeld einheitlich im Bundespflegegeldgesetzt (BPGG) sowie in den Landespflegegeldgesetzen geregelt. Das Pflegegeld in Österreich ist eine finanzielle Unterstützung, die Personen erhalten, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung dauerhaft auf Pflege und Hilfe angewiesen sind. Es handelt sich dabei um eine Sozialleistung, die direkt an die Betroffenen ausgezahlt wird, damit diese die Pflege nach ihren individuellen Bedürfnissen organisieren können.


Was ist Pflegegeld?

Das Pflegegeld ist eine zweckgebundene monatliche Geldleistung, welches 12 mal im Jahr ausbezahlt wird. Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich dabei nach dem zeitlichen Aufwand in Stunden.

Da das Pflegegeld zweckgebunden ist und eine teilweise Abdeckung des Pflegeaufwandes ermöglichen soll, wird das Pflegegeld nicht als Einkommenserhöhung gezählt. Es dient pflegebedürftigen Menschen dazu, eine gewisse Unabhängigkeit und einen längeren Verbleib zu Hause zu ermöglichen. Es wird unabhängig von Einkommen und Vermögen gewährt und richtet sich nach dem Ausmaß der Pflegebedürftigkeit. Das Pflegegeld soll dazu beitragen, die Kosten der erforderlichen Pflege zu decken, sei es durch professionelle Pflegekräfte oder durch pflegende Angehörige.

Bei einem stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus steht dem Pflegebedürftigen kein Pflegegeld zu. Im Normalfall wird das Pflegegeld unbefristet gewährt, jedoch gibt es auch hier wieder Ausnahmen wenn z.B. eine Verbesserung der Situation zu erwarten ist (Operation, Reha,...). In diesem Fall wird das Pflegegeld befristet gewährt.


Anspruchsvoraussetzungen

Um Pflegegeld zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ständiger Betreuungs- und Hilfsbedarf wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung bzw. einer Sinnesbehinderung, die voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird.

  • Ständiger Pflegebedarf von durchschnittlich mindestens mehr als 65 Stunden im Monat.

  • Gewöhnlicher Aufenthalt in Österreich, wobei auch die Gewährung von Pflegegeld im EWR-Raum und in der Schweiz unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.


Pflegestufen

Das Pflegegeld wird in sieben Stufen unterteilt, je nach Umfang des Pflegebedarfs. Diese Stufen richten sich nach den durchschnittlich benötigten Pflege- und Betreuungsstunden pro Monat.


Pflegestufe

Stunden

Betrag in Euro monatlich

1

mehr als 65 Stunden

192,00€

2

mehr als 95 Stunde

354,00€

3

mehr als 120 Stunden

551,60€

4

mehr als 160 Stunden

827,10€

5

mehr als 180 Stunden und ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand erforderlich ist.

1123,50€

6

mehr als 180 Stunden und zeitlich nicht planbare Betreuungsmaßnahmen oder dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson notwendig ist

1568,90€

7

mehr als 180 Stunden und keine zielgerichtete Bewegung der Arme und Beine möglich ist.

2061,80€


Der Weg zum Pflegegeld

  1. Pflegeaufwand erheben

    Um den Pflegeaufwand zu erheben gibt es mehrere Möglichkeiten. Wenn bereits eine professionelle Pflege in Anspruch genommen wird kann diese Auskunft über den Pflegeaufwand geben. Auch gibt es dafür in jedem Bundesland Beratungsstellen oder auch DGKP die Sie dabei unterstützen.

    Eine einfache Möglichkeit ist das führen eines Pflegetagebuches. Darin wird notiert wann und bei welchen Tätigkeiten Unterstützung benötigt wird.

  2. Pflegegeldantrag einreichen

    Hierzu gibt es eigene Formulare die ausgefüllt werden müssen und per Post an die jeweilige Sozialversicherung gesendet werden müssen. Oder Sie füllen diese online mit ID Austria aus und reichen diese gleich online ein. Auch hier ist eine Hilfe von Beratungsstellen, DGKP oder Ihrem Hausarzt möglich.

  3. Termin für Begutachtung

    Nach einigen Tagen erhalten Sie auf postalem Weg einen Termin zur Begutachtung. Es empfiehlt sich ab jetzt alle notwendigen Unterlagen für den Begutachtungstermin zu sammeln. Dokumentation von Pflegediensten, Pflegetagebuch, Entlassungsbrief aus dem KH, Arztbrief und Medikamentenblatt.

  4. Die Begutachtung

    Am Begutachtungstag kommt Sie ein Pflegegeldgutachter besuchen und bewertet ihren Betreuungsbedarf und Ihre Situation bei Ihnen zu Hause. Auch die Dokumentationen (Pflegetagebuch, Pflegedokumentation eines Pflegedienstes)und Befunde sind dabei zu berücksichtigen.

    Pflegegeldgutachter sind Ärzte/Ärztinnen oder Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger mit zusätzlicher Gutachterausbildung.

    Am Tag der Begutachtung ist es auch empfehlenswert dass eine Vertrauensperson oder eine Pflegeperson anwesend ist. Dies muss gesetzlich auch ermöglicht werden können.

  5. Nach der Begutachtung

    erhalten Sie einen Bescheid ob dem Antrag auf Pflegegeld stattgegeben wurde oder ob dieser abgelehnt wurde. Wenn dem Antrag stattgegeben wurde, steht in diesem Bescheid auch die Höhe des gewährten Pflegegeldes. Falls Sie mit der Höhe des Pflegegeldes oder mit einer Ablehnung nicht einverstanden sind, haben Sie 3 Monate Zeit einen Einspruch zu erheben. Dies gilt ab dem Tag der Zustellung des Bescheides.


Pflegegeldklage

Wenn Sie gegen den Bescheid einen Einspruch erheben wollen, geht dies nur über eine Pflegegeldklage.

Diese können Sie schriftlich oder persönlich beim Arbeits- und Sozialgericht oder bei der Stelle von der der Bescheid ausgestellt wurde einreichen. Die Klage kann aber auch mündlich beim nächsten Bezirksgericht ausgesprochen werden.

Für die Klage wird benötigt:

  • die Äußerung des Wunsches auf Erhöhung des Pflegegelds oder der Pflegegeldstufe,

  • eine Begründung, warum Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden sind,

  • Dokumente, wie zum Beispiel einen Arztbefund, um die Klage zu begründen,

  • eine Kopie des Ablehnungsbescheids

Wenn ein Verfahren beim Arbeits- und Sozialgericht stattfindet, wird die pflegebedürftige Person dort vorgeladen. Wenn sie selbst nicht daran teilnehmen kann, darf eine andere Person als Vertretung erscheinen. Dies kann sein:

  • eine Vertrauensperson,

  • eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt oder

  • eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter einer Interessenvertretung, Berufsvereinigung oder eines Behindertenverbands.

Das Einbringen der Klage ist kostenlos. Wenn Sie durch einen Anwalt vertreten werden, können daraus Kosten entstehen die jedoch bei erfolgreichem Einspruch übernommen werden. Auch medizinische Gutachten werden bei erfolgreichem Einspruch übernommen.

Gegen dieses Urteil kann ebenso eine Berufung am Oberlandesgericht eingereicht werden.


Erhöhungsantrag

Wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert hat und der letzte Bescheid 1 Jahr zurückliegt, kann ein Erhöhungsantrag an die Sozialversicherung gestellt werden.

Sollte sich jedoch der Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert haben und es wird nun mehr Pflege oder Betreuung benötigt, kann jederzeit eine Erhöhung beantragt werden.


In Österreich wird ein Großteil der Pflege von Angehörigen übernommen. Das Pflegegeld unterstützt dabei, da es direkt an die pflegebedürftige Person ausgezahlt wird und diese somit ihre Angehörigen finanziell entschädigen kann. Zusätzlich gibt es weitere Förderungen und Unterstützungsmöglichkeiten, wie z. B. den Angehörigenbonus oder die Möglichkeit der Pflegekarenz und Pflegeteilzeit.


Fazit

Das Pflegegeld in Österreich ist eine wichtige Säule im Pflegesystem und ermöglicht vielen Menschen ein selbst bestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden. Es bietet Flexibilität und unterstützt sowohl pflegebedürftige Personen als auch deren Angehörige. Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es immer wieder Diskussionen darüber, ob die Höhe des Pflegegeldes ausreichend ist, um die tatsächlichen Pflegekosten zu decken. Dennoch bleibt das Pflegegeld ein wesentlicher Beitrag zur sozialen Absicherung in Österreich.


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